Wie die Sonne der Kamera schaden kann

Nachdem mir in diversen Foren nun schon zum dritten Mal Hobbyfreunde begenet sind, die sich über eine verschmortes Gehäuse und Verschlußlamellen gewundert haben, möchte ich an dieser Stelle vor den Gefahren durch die Sonne warnen. 

Alle drei haben mir ihre Bilder zur Verfügung gestellt, wofür ich mich artig bedanke, erwähne aber niemanden, um niemanden irgendwie bloßzustellen.

Wenn das Licht der Sonne durch das Objektiv ins Kameragehäuse fällt, dann wird es - je nach Fokus - mehr oder weniger gebündelt im Inneren auf das Kameragehäuse treffen. Es kann auf zwei verschiedene Arten passieren. 

1. Die Kamera liegt in der Sonne

Es passiert schneller als Du glaubst. Du läßt die Kamera in einer Pause einfach irgendwo liegen und vergißt, den Objektivdeckel aufs Objektiv zu legen. Man kann davon ausgehen, dass wenige Minuten völlig genügen, um die Kamera zu beschädigen.

Wenn die Kamera ungenutzt aber auch ungeschützt herum liegt, können zwei verschiedene Szenarien eintreten. Wenn das Sonnenlicht so einfällt, dass es nicht Teil des Bildes wäre, wenn DU in dem Moment ein Foto machen würdest, dann fällt das Licht gebündelt auf das innere des Spiegelkastens, der bei den meisten aktuellen Kameras aus Kunststoff sein dürfte. 

   Spiegelkasten verschmort

Wenn die Kamera so liegt, dass sie bei einem Foto in dieser Position Teil des Bildes wäre, dann wird es für die Kamera nicht ganz so dramatisch, sofern es eine einäugige Spiegelreflexkamera ist. Das Licht fällt dann zunächst auf den Spiegel und von dort auf die Mattscheibe. Da die Mattscheibe durchsichtig ist, wird sie nur einen sehr geringen Teil der Lichtenergie aufnehmen. Das meiste Licht dringt ungehindert hindurch und fällt am anderen Gehäuseende durch das Okular wieder hinaus.
Von Sonnenlicht verursachte Schäden an einer Mattscheibe sind mir nicht bekannt, auch keine Berichte darüber, dass das Licht hinter dem Okuar auf einen brennbaren Untergrund gefallen wäre und dort einen Schaden verursacht hätte. 

Grundsätzlich ist die Gefahr, dass das passiert, umso größer, je kürzer die Brennweite ist. Die Gefahr, dass die Sonne in ein weitwinkeliges Objektiv schlägt, ist natürlich größer als bei einem Tele. 

2. Du fotografierst gegen die Sonne

Die Kamera kann nicht nur kaputt gehen, wenn sie in der Sonne "vergessen" wird. Auch beim Fotografieren gegen die Sonne kann Dir das passieren. Manchmal wirst Du ganz bewusst gegen die Sonne fotografieren wollen, um besondere Schattenwürfe oder Lichteffekte Fotografieren wollen, wie das dieser Fotograf gemacht hat, der die fallenden Wassertropfen fotografieren wollte, die von Hinten von der Sonne beleuchtet werden und deshalb glänzen. 

Dazu hat der Fotograf die Kamera auf einem Stativ montiert und darauf gewartet, dass ein Tropfen fällt.
Wenn Du so etwas schon einmal versucht hast, dann wirst Du wissen, wie lange es dauern kann, bis Du endlich einen Tropfen in der richtigen Höhe erwischt. 

Tropfenfoto

An dieser Stelle wäre vielleicht nichts passiert, wenn eine Streulichtblende am Objektiv angebracht worden wäre, die zur Brennweite und zum Sensorformat passt und verhindern könnte, dass das Sonnenlicht ins Objektiv schlägt. Von den Schäden abgesehen wirkt sich eine Sonnenblende in dieser Situation auch noch positiv auf das Bild aus. Die Sonne im Objektiv kann Kontraste und Brillanz reduzieren. 

Lies hier, wie Du die optimale Streulichtblende wählst.

Sollte die Sonne Teil des Bildes sein, dann kannst Du sie nicht per Streulichtblende abschatten. Achte dabei zunächst auch auf Deine Augen. Häufig wird deshalb empfohlen, Life-View zu verwenden. Dabei wäre zu befürchten, dass der Sensor darunter leidet, wenn das Sonnenlicht für längere Zeit direkt darauf gebündelt würde. 

Dabei ist es so, dass eine auf Unendlich (bzw. eher weite weg) fokussierende Kamera das Sonnenlicht genau in der Film/Sensor-Ebene in einem sehr kleinen Punkt bündelt. Auch hier sind lichtstarke Weitwinkelobjektive tendenziell wieder  gefährlicher als Telebrennweiten. Während Teles eher dem Auge schaden können (nehme ich zumindest an) bündeln sie das Sonnenlicht auf eine viel kleinere Stelle im Bild und auf Film bzw. Sensor als ein Tele das täte. 

Wenn Du eine spiegellose Kamera verwendest, dann schadest Du in diesem Fall auch der Kamera, denn auch der Verschluß, falls vorhanden, kann vom Sonnenlicht beschädigt werden.  Das gleiche gilt, wenn Du den Spiegel hochklappst (Spiegelvorauslösung) in der Hoffnung, auf dem Stativ damit Verwackelungen durch den Spiegelschlag zu vermeiden. 

Schäden an der Kamera

Es schmilzt im Spiegelgehäuse

Wenn die Sonne nicht Teil des Bildes ist oder wäre, falls man in dem Moment ein Foto aufnehmen würde, dann schmilzt es im Spiegelkasten. Im Spiegelkasten liegen unten die Autofokus-Sensoren. Diese Fälle dürften trotzdem allesamt unter "noch mal gut gegangen" fallen, da meistens mit keinerlei Beeinträchtigung der Funktionalität zu rechnen ist. Du solltest ganz normal weiter fotografieren können. Jedenfalls stehen die Chancen dazu ganz gut.

Gehäuseschaden

Besonderheiten bei adaptierten Objektiven

Hier folgt eine Beispiel einer spegellosen Fuji X-T1 Systemkamera, an die über einen Adapter älte Objektive adaptiert, die keinerlei Elektronik haben. Bei Verwendung solcher Adapter kann zusätzlich noch der Berich der Kontakte frei liegen, der hier auch in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Objektive waren ein Heliopan 44-2 und ein Canon FD 135mm. Mit welchem davon dieser Schaden entstand, konnte nicht mehr festgestellt werden, ist aber auch nicht sooo wichtig.

   

Auch beim Free-Lensing

Herra Perttinen hat in einer Facebook-Gruppe beschrieben, wie dass das auch beim sog. Free-Lensing passierne kann. Dabei wird ein Objektiv, dass eignetlich nicht zur Kamera passt, so vor das Gehäuse gehalten, dass man damit dennoch - wenn auch manuell - ein Foto aufnehmen kann.

 

Hier sein Beispielbild, das aufzeigt, dass man nicht einmal offensichtlich gegen die Sonne fotografierne muss. Er gab an, es habe genügt, versehentlich die Kamera relativ kurz ohne Sonnenblende in Richtung Sonne zu halten.

Verschlußlamellen werfen Blasen, verformen sich oder brennen durch

Das ist schon kritischer.  Selbst wenn der Verschluß nur eine Blase bekommt oder leicht verformt ist, aber noch lichtdicht, mußt Du damit rechnen, dass der Verschluß beim weiteren Gebraucht stark abnutzt und in naher Zukunft ganz kaputt geht. Das wird Dir dann sicher im ungünstigsten Moment passieren. Lass den Verschluß also möglichst bald reparieren. 

Loch in Lamelle

Das stellt sich die Frage, ob sich das denn lohne. Bei preiswerteren Einsteiger-Modellen oder der Mittelklasse wird das häufig einem wirtschaftlichen Totalschaden ähneln. Als ganz grobe Richtschnur, die je nach Modell, Hersteller und Handwerker auch deutlich abweichen kann, werfe ich mal ca. 400€ dafür in den Raum. Ein Garantiefall dürfte das nicht sein. Die eine oder andere Versicherung springt aber trotzdem ein.
Bei Semiprofi- und Profimodellen dürfte sich das eher lohnen. Die Reparatur ist zwar teurer weil die aufwendigeren und langlebigeren Verschlüsse als Ersatzteil deutlich teurer sind. Der Mechaniker-Aufwand ist bei diesen Gehäusen oft etwas geringer, was aber kaum ins Gewicht fällt. Ausschlaggebend ist eher, dass diese teuren Gehäuse natürlich auch einen höheren Restwert haben. Hier würde ich mit 500 bis 650€ Reparaturkosten rechnen.  

Allerdings darfst Du ruhig damit rechnen, dass Du an einer Kamera mit einem neuen Verschluß noch deutlich länger etwas haben dürftest, als wenn der Verschluß noch original wäre. Kaputte Verschlüsse dürften die Todesursache Nr. 1 sein, wenn man vom schleichenden Tod durch verstauben und vergessenwerden schnell veralteter Gehäuse einmal absieht.

Schäden am Sensor

Unmittelbare Schäden am Sensor sind mir nicht aus Erfahrungsberichten bekannt. Ich würde sie aber auch nicht ausschließen wollen. Sie könnten beim Filmen auftreten vom Stativ aus oder beim Arbeiten im Live-View-Modus, wenn die Sonne im Bild ist. Auch Fotos von Sonnenfinsternissen oder Passagen o.ä. wären riskant, wenn kein geeignetes Sonnen-Filter verwendet wird, wie es im Astro-Zubehör erhältlich ist. 

Auswirkungen auf das Bild

Ein verschmorter und verformter Spiegelkasten dürfte keinerlei Auswirkungen aufs Bild haben. Man kann vielleicht spekulieren, dass die an dieser Stelle nun glänzende statt matte Oberfläche die Streulichtanfälligkeit der Kamera etwas erhöht. Aber das dürfte in der Praxis unbedeutend sein, zumal Du, wenn Dir das einmal passiert ist, so schnell nicht wieder auf passende Streulichtblenden verzichten wirst.

Sollte der Verschluß lichtdurchlässig geworden sein, dann wirst Du das sicherlich im Bild bemerken. Siehe diese Beispiele:

Foto mit Lichteinfall   "Darkframe"

Fazit

Niemals ohne Streulichtblende.

Wenn Du die Kamera zur Seite legst, dann schütze das Objektiv mit einem Objektivdeckel. 

Weiterführende Links

Siehe auch diesen Bericht über die Erfahrungen des Vermieters LensRentals während der Sonnenfinsternis in Amerika auf krone.at bzw. in der Kronen Zeitung. Weitere Fotos zum gleichen Thema findest Du in diesem englischsprachigen Bericht auf übergizmo.